Die Geschichte meiner Uroma im Kz 

Rosa


Rosas Uroma in jungen Jahren


Rosas Uroma heute


 
Meine Uroma war damals erst 4 Jahre alt als der Holocaust begann. 
Damals wohnte sie mit ihrer Familie in Essen. Von dort aus gingen sie auf Transport  ins Übergangslager Ravensbrück und von dort aus nach Bergenbelsen, ebenso ein Übergangslager. 
Nach mehreren Wochen des Aufenthaltes kam sie in das Vernichtungslager Ausschwitz Birkenau 1. Auf dem  Güterbahnhof verlor meine Uroma ein Teil ihrer Familie aus den Augen. 
Dort angekommen trennte man sofort die Jungs und Männer von ihren Frauen und ihren Kindern. Männer und Jungen kamen ins Männerlager und Frauen mit Kindern ins Frauenlager. 
Die Familien Mitglieder wo verloren gingen fanden sich auch wieder zusammen. 
Da meine Ur-Uroma noch ein Säugling hatte, musste sie besonders drauf achten, dass das Baby nicht sonderlich auffiel oder schrie. 
Sie wurden regelrecht in die Baracken der Nazis getrieben. 


 

Zu dieser Zeit war mein Ur-Uropa mit seinem Sohn als Ulaner an der Front, meine Ur-Uroma wusste nicht, dass ihr Sohn bei seinem Vater an der Front war, sie hatte ihn vermisst. 

Der Grund, dass meine Ur-Uroma mit den Kindern nach Ausschwitz kam war, dass sie aus Hungersnot Hühner und Brot stahl um die Kinder zu versorgen, man hat sie dabei erwischt und verhaftete sie direkt. 

Mein Ur-Uropa hörte zufällig davon als sich welche an der Front darüber unterhielten. Er stahl ein Pferd und machte sich von der Front Russlands auf nach Ausschwitz. Dort angekommen stellte er sich freiwillig als Deserteur um bei seiner Familie zu sein. Niemand wusste bis zu diesem Zeitpunkt, dass er mit einer Cingare, einer ,,Tschechischen Zigeunerin‘‘, verheiratet war. Mein Ur-Uropa musste seine Uniform gegen ein Sträflingsanzug austauschen als dies rauskam. 

Was danach mit ihm passierte entzieht sich leider unserer Kenntnis. 

 
Was ich ihnen jetzt noch erzählen kann, weiß ich aus der Familie. 
Die Schwester meiner Uroma Daia arbeitete in der Kinderstube in der Sintikinder alle zusammengepfercht waren wie in einem Viehstall. 
Sie war für die Kinder zuständig, dass die Kinder was zu essen bekamen und nicht krank wurden oder verwahrlosten. 
Meine Uroma bekam irgendwann ein Geschwür am Steißbein. Da ihre große Schwester Daia in der Kinderstube arbeitete und somit an Kamillentee ran kam brachte sie dies mehrere Male zu ihrer Mutter, die dann aus der Schüssel voraus sie aßen, den Tee aufbrühte. Meine Ur-Uroma versteckte meine Uroma unter ihrem Rock und schaufelte ihr den Kamillentee auf die Wunde.  
Eine andere Sinteza, die ein Capo war und ihre eigenen Leute für Lebensutensilien verriet, beobachtete dieses Geschehen vom Fenster aus und pfiff nach einem Soldaten. Daraufhin schleifte man meine Ur-Uroma aus der Baracke auf den Vorplatz, wo sie ihre Strafe erhalten sollte. 
Sie sollte 40 Stockschläge erhalten. 
Mein Ur-Uropa, der davon hörte, suchte seine Tochter Daia, rannte zum Vorplatz vor und erklärte den Soldaten, dass er und seine Tochter die Schläge auf sich nehmen würden. 
Jeder von ihnen bekam die Hälfte, da meine Uroma schon über den Prügelblock lag, warf sich mein Uropa über sie und  empfing die Schläge bis er zusammenbrach. Er erlitt einem Riss in der Lunge und einer kaputt geschlagenen Niere. Von diesen Schlägen erholte er sich nie wieder und starb 1959 an Spätfolgen im Krankenhaus. 
Der Rest der Prügel bekam die Tochter ab, dabei riss ihre Schädeldecke, die Verletzungen, die sie dabei erlitt , entdeckte man bei einer Untersuchung 1987. Der Grund dafür waren epileptische Anfälle und Verkrampfungen des gesamten Körpers. Durch die Untersuchung mit einem MRT fand man unter der Schädeldecke ein verhärtetes Geschwür, das auf einem Nerv drückte, der diese Krämpfe und Anfälle auslöste. Sie Starb 2005 an Alterschwäche. 



 

Ein Bruder meiner Uroma Pesso wurde auch sehr gequält vom SS-Arzt Dr. Mengele. 

Mengele wollte aus seinen braunen Augen blaue Augen machen, er wollte aus ihm einen Arier machen. 

Da die Iris die Farbe Abgestoßen hatte, entnahm er das Auge und zertrat es voller Wut. Nach dem Krieg bekam er dann ein Glasauge. 

Das war nicht der einzige Test, man sterilisierte ihn. Er starb 2009 auch an Altersschwäche. 

Seine spätere Frau die er im KZ kennenlernte  hieß  Kerscher Winterstein-Rheinhardt  

Sie wurde ebenfalls sterilisiert in dem man ihr den Bauch aufschnitt und ihr Gips hinein schüttete, den man später entfernte. Durch das Gipsbildnis wollte man sehen ob eine Sinteza anders gebaut ist als eine deutsche Frau. Leider waren ihre Verletzungen so groß, dass sie später keine Kinder bekommen konnte. 

Sie Starb an Krebs ungefähr im Jahre 1987 - 1988. 

Die älteste Schwester Kesa wurde auch sterilisiert, darüber gibt es keine Informationen, da sie darüber nie reden wollte. 

Sie Starb 1976 aus unerklärlichen Gründen, sie brach zusammen und starb. 

Sie Mussten alle schwere Arbeit leisten, aber irgendwann ist meine Ur-Uroma im KZ an Tuberkulose erkrankt , für die Soldaten war zu dem Zeitpunkt alles ansteckbar und daraufhin wurde sie mit  ihrem Baby (Ella) in die Gaskammer geschickt und vergast. Meine Uroma hatte Glück, dass sie bei ihren beiden Schwestern bleiben durfte und sie von den Amerikanern befreit wurden da war meine Uroma grade 7. Sie gingen auf dem gleichen Weg wie sie gekommen waren zurück nach Essen. Da nur der Vater und die Kinder  überlebten,  musste die ältere Schwester Daia ihre kleinen Geschwister groß ziehen sie lebten in einem Kellerraum bis der Vater Verstarb. Dann gingen sie  nach Düsseldorf, dort haben sie dann nach und nach geheiratet meine Uroma war 17 als sie ihren Mann kennenlernte. 

 

Heute ist meine Uroma Stolze 88 Jahre alt, sie lebt seit 2020 in einem Pflegeheim und hat leider Alzheimer Demenz bekommen. 

Als diese Krankheit angefangen hat, hat sie viele Sachen aus der Vergangenheit gesehen auch vieles aus der schrecklichen KZ-Zeit  kamen ihr wieder in den Kopf . 

Sie sprach mit uns und sagte sowas wie Zum Beispiel: „Heute hab ich die und die Person gesehen, wir waren dort auf dem Platz“ aber diese Personen leben seit langem nicht mehr oder kannten wir gar nicht. 

Sie ist die 3. letzte Holocaustüberlebende  der Sinti. 

Sie schaffte es aus der schlimmen Zeit raus und Überstand sogar Corona und wir sind sehr froh und dankbar, dass wir sie noch haben.